herbert eichholzer

ARCHITEKT

Herbert Eichholzer

Herbert Eichholzer wurde am 31. Jänner 1903 als Sohn von Carl und Adele Eichholzer in Graz geboren. Ab 1913 lebte er mit seinen Eltern und seinem um vier Jahre jüngeren Bruder Alfred in Graz (Kirchengasse 15; heute Schröttergasse 7). In seiner Heimatstadt absolvierte er seine Schulzeit, maturierte 1922 und beendete sein Architekturstudium im Jahre 1928.

Die Verbundenheit zur Natur - die Familie war oft in der Ramsau und im Salzkammergut, der Heimat seiner Mutter - war ihm zeitlebens wichtig. Er liebte die Berge, war ein begeisterter Schifahrer und Bergsteiger. Schon während der Schulzeit wurde er Mitglied der „Wandervogelbewegung”, einer Gruppierung, die sich zur Aufgabe machte, die Jugend vor den Gefahren der Großstadt zu bewahren und in die Natur zu führen.

Mitte der 1920er-Jahre unternahm Herbert Eichholzer ausgedehnte Reisen durch Europa und Afrika, die meisten zu Fuß und ohne Geld. Sie führten ihn nach Bulgarien, Griechenland, Italien, Frankreich, Abessinien, Eritrea und die Türkei.

Diese Reisen öffneten und beeinflussten seine sozialen und politischen Sichtweisen. Noch während der Studentenzeit trat er der Studentengruppe der sozialistischen Hochschüler (1926) bei. Sein politisches Engagement verstärkte sich, als das Klima in Österreich zunehmend zu radikalisieren begann und vermehrt Zusammenstöße zwischen den politischen Lagern – den Linken (Sozialdemokraten und Kommunisten) und den Rechten (Heimwehr und Nationalsozialisten) zunahmen. Er trat links ausgerichteten Organisationen (1932: Republikanischer Schutzbund, 1937: Vaterländische Front) bei.

Herbert Eichholzer war eine aufgeschlossene, offene Persönlichkeit, die fast ausschließlich in Partnerschaften gearbeitet hat. Er war ein Mensch der Sprache, der einerseits mehrere Sprachen beherrschte aber auch als politischer Agitator eine große Dialogfähigkeit besaß

Als eine der Leitfiguren des österreichischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus wurde er „wegen Vorbereitung zum Hochverrat” zum Tode verurteilt und am 9.1.1943 hingerichtet.

Seine Aussprüche „Totes Leben gibt es nicht” und „nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“ waren sinnbildlich für sein allzu kurzes Leben.

Herbert Eichholzer ist im Familiengrab am St.-Leonhard-Friedhof in Graz begraben.

Die Moderne und der Widerstand

Die Praktikantenzeit bei Le Corbusier und Pierre Jeanneret im Jahre 1929 beeinflussten Herbert Eichholzers architektonische Ausdrucksweise besonders stark: Viele Elemente von Le Corbusier sind bei seinen Privathäusern wiederzuerkennen. Herbert Eichholzer wollte den „Internationalen Stil”, die „Moderne” nach Österreich bringen.

Seine beiden Würfelhäuser (1932/33) am Ulrichsweg 32 im Grazer Bezirk Andritz waren ein starker Ausdruck der neuen modernen Architektur. Und das in einer Zeit, als Flachdächer in der Steiermark als „Verbrechen” gegolten haben. Auch gegen das Haus Lind (1936) am Fuße des Rosenbergs (Rosenberggasse 18) wurde gewettert und zur „Säuberung der Kunsttempel von entarteter Kunst” aufgerufen. Es wurde verlangt, dass die Behörden gegen eine „fragwürde Behausung” energisch einschreiten sollen.

Der Widerstand gegen das Regime

Am Tag nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich flüchtete Herbert Eichholzer über Triest nach Paris.

Im November desselben Jahres folgte er dem Ruf Clemens Holzmeisters in die Türkei, wo sich auch seine Wege mit Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000), der ersten Architektin Österreichs, die sich ebenso im Widerstand betätigte, kreuzten. In Istanbul, der Drehscheibe kommunistischer Funktionäre und Gegner des NS-Regimes, koordinierte er den österreichischen Widerstand.

Ende April 1940 fuhr Herbert Eichholzer nach Österreich, um den mittlerweile zerschlagenen Widerstand aufzubauen. Er knüpfte Kontakte nach Wien und Bratislava, zur zentralen Leitung der KPÖ, baute das kommunistische Netzwerk auf. Er verfasste und vervielfältigte mit anderen zahlreiche Flugblätter. In dieser Zeit entstand das einzige in Österreich erhaltene Flugblatt über Euthanasieaktionen am „Grazer Feldhof” und am „Wiener Steinhof”. Das Flugblatt mit der Überschrift „Nazikultur“ schließt mit den Worten „Kein anständiger Mensch kann in dieser Partei bleiben, die kaltblütig und überlegt kranke und alte Leute mordet”.

Durch den Verrat des eingeschleusten Gestapo-Spitzels Kurt Köppel (Deckname „Ossi”) wurde Herbert Eichholzer und viele andere verhaftet. Die letzten 23 Monate seines Lebens verbrachte er in einem Wiener Militärgefängnis, ehe er geköpft wurde.

Herbert Eichholzer hatte die humane Idee einer sozial gerechten Demokratie und wollte an der Wiederherstellung eines unabhängigen, demokratischen Österreich mitwirken. Er hätte nicht nach Österreich zurückgehen müssen, doch setzte er sein Leben für seine Ideologie aufs Spiel.

Herbert Eichholzer und die Architekturgeschichte

Herbert Eichholzer ist sehr eng mit der modernen Architekturgeschichte Österreich, speziell der Steiermark verbunden. Architektur und politisches Engagement waren für ihn untrennbar. Im Zentrum seiner Architektur standen der Mensch und dessen Bedürfnisse. Die meisten seiner Gebäude realisierte er in Graz, einige wenige in der Obersteiermark. Er holte den internationalen Geist der modernen Architektur auf höchstem Niveau in seine Heimat.

Da der Fokus der Architekturgeschichtsschreibung der Moderne auf Wien lag, wurde sein Werk beinahe übersehen.

Nicht zuletzt aufgrund des jahrzehntelangen „Wegschauens” auf die dunkelsten Zeiten der Geschichte ist Herbert Eichholzer beinahe aus dem kulturpolitischen Bewusstsein, sowie der Architekturgeschichte verschwunden. Er wurde erst wieder ab den 80er-Jahren in Erinnerung gerufen, als Dietrich Ecker (1938-1995) fast eineinhalb Jahrzehnte umfangreiches Material zu Leben und Werk Eichholzers zusammengetragen hat und in Form einer Dissertation (1984) verfasste. Daraufhin gab es weitere Ausstellungen und Veröffentlichungen. Die Dissertation wurde anlässlich des 100. Geburtstages Eichholzer im Jahre 2003 publiziert.

Die Technische Universität schreibt alle zwei Jahre den „Herbert-Eichholzer-Architekturpreis” aus, der Preis wird von der Stadt Graz verliehen: Der Förderpreis soll einerseits die Verbundenheit der Stadt Graz und der Technischen Universität Graz mit Herbert Eichholzer symbolisieren und anderseits die verantwortungsbewusste Auseinandersetzung des Architekten mit den Strömungen seiner Zeit fortführen. Zugleich soll dem architektonischen Schaffen Herbert Eichholzers ein bleibendes Denkmal gesetzt werden.

Sein Werk

Herbert Eichholzer stand für sein bauliches Schaffen nur rund ein Jahrzehnt zur Verfügung. Viele seiner Arbeiten waren noch im Entstehen und konnten aufgrund der Wirtschaftskrise nicht ausgeführt werden. Es war ihm nicht gegönnt, historische Anerkennung und Verehrung zu erleben.

Das Werk Herbert Eichholzers war nicht nur umfangreich, sondern auch vielfältig: vom Holzspielzeug „Klump ” über zahlreiche Privathäuser bis hin zum Städtebau.

Man begann seine Bauten erst zu schützen, als sie bereits nicht mehr oder nur mehr in Teilen vorhanden waren, da viele abgerissen oder bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden. So ist sein Werk heute nur mehr fragmentarisch präsent. Sein Vermächtnis in der Architektur ist, die Vision einer Moderne, die in ihrer sozialen Verantwortung bestand. Im Zentrum seiner Architektur standen der Mensch, das Individuum und dessen Bedürfnisse.

close
Banner1 Banner2 Banner3 Banner4 Banner5 Banner6 Banner7 Banner8 Banner9 Banner10